Junge Altschüler im MAGIS-Projekt in Afrika
Nach den Erfahrungen mit dem MAGIS-Projekt beim Weltjugendtag in Deutschland haben wir auch wieder die Teilnahme von Altschülern am MAGIS-Projekt 2009 in Afrika unterstützt.
Sonja Lang war dabei und hat ihre Eindrücke unter der Überschrift “Dancing with God in an African pot“ zusammengefasst. Hier ein Reisebericht über diese Reise:
“DANCING WITH GOD IN AN AFRICAN POT”
“MAGIS IGNATIANISCHE EXPERIMENTE” in Kenia (August 2009)
Von Sonja Lang
„Eine Pilgerreise? Jeden Tag Gottesdienst? Dancing with God in an African Pot? … ich kann gar nicht tanzen! Aber wann werde ich noch einmal eine solche Chance bekommen, andere Menschen in Afrika kennen zu lernen? Ach, ich lass mich einfach auf das Experiment ein…mal sehen was mich erwartet.“
So oder so ähnlich dachte ich, als ich die Ausschreibung von MAGISAFRICA 2009 in den Händen hielt. Viel mehr Informationen bekamen wir auch später nicht. Noch beim Vorbereitungswochenende im Juni hatten wir keinen blassen Schimmer, wie dieses „Ignatianische Experiment“ denn nun genau ablaufen würde. Aber die anderen elf „Pilger“, mit Pater Ludger Joos als unserem Organisator, waren mir alle gleich sympathisch. Mit fünf von ihnen würde ich ins Massai-Center fahren, natürlich auch ohne zu wissen, was uns dort erwartet.
Los geht die Reise am 7. August abends. Am nächsten Nachmittag kommen wir endlich in Nairobi an. Wir sind total geschafft vom langen Flug, sehen also nicht gerade freundlich aus, trotzdem werden wir von wildfremden Kenianern sehr herzlich und mit „ Welcome to Africa!“ begrüßt. Dass der „Kenian way of Life“ sich ein wenig von der deutschen Ordnungsliebe unterscheidet, merken wir schon, als der Bus uns am Flughafen abholt: Unsere Gruppe und zwei weitere Kenianer – also 14 Personen – quetschen sich mit unseren „winzigen“ Reiserucksäcken in einen 11-Sitzer. Selbst mit offenen Fenstern wird da die Luft knapp. Am „Cooperativ College“, wo wir die nächsten 3 Tage verbringen werden, angekommen, empfängt uns eine riesige Gruppe Kenianer und Tansanier lautstark mit wilden Tänzen, afrikanischen Liedern und Trommelrhythmen. Jeder stellt sich uns vor und heißt uns willkommen. Wir sind so überwältigt, dass wir kaum etwas Sinnvolles auf Englisch sagen können. Außer uns Deutschen sind auch Teilnehmer aus Polen, Ungarn und einigen anderen Ländern eingetroffen. Nach einigen tollen Gottesdiensten, Vorführungen, Ausflügen und einem Besuch im „Giraff-Centre“ starten wir drei Tage später um 8 Uhr – also nach kenianischer Pünktlichkeit gegen 9:30 Uhr – zu unseren Projekten. Über holprige Straßen geht es Stunde um Stunde weiter fort von der Zivilisation. Man sieht irgendwann gar keine Häuser mehr, Strommasten und Leitungen sind alle in jämmerlichem Zustand. Die Fahrt sollte eigentlich nur 3 Stunden dauern, weswegen wir nichts zum Essen eingepackt haben – nach über 7 Stunden kommen wir endlich an. Doch die vielen Gazellen, Strauße, Giraffen, Zebras und Äffchen, die wir unterwegs sehen, entschädigen uns reich.
„Mister Paul“ und „Father Karl“, ein Missionar aus Tirol, heißen uns in „Ol Tepesi Maasai Cultural Centre“ willkommen und erzählen, dass sich die Nachricht über den „weißen“ Besuch schon kilometerweit über das Massai-Land hinweg verbreitet hat. Und so stehen bereits nach wenigen Minuten einige Massai-Kinder außerhalb des Zauns und begutachten uns. Sie sind sich noch nicht sicher, ob sie über diese ungewohnt spitzen und weißen Gesichter lachen oder lieber sicherheitshalber das Weite suchen sollen. Später am Abend laufe ich noch etwas auf dem „Compound“ des Zentrums herum, als ich zwei kleine Massai-Kinder bemerke, die mir aus sicherer Entfernung winken und nach kurzem Zögern mutig auf mich zu kommen. Sie strecken mir ihre Köpfchen entgegen – ein Zeichen des Respekts vor älteren Personen – und ich legen ihnen meine Hand auf die Haare, wie es uns auf dem Weg hierher erklärt wurde. Dieser Moment hat etwas Bezauberndes und Fesselndes.
Wir verbringen die folgenden Tage mit dem Besuch eines Massai-Marktes, bei dem wir selbst die größte Attraktion sind, wir spielen und basteln mit den Massai-Kindern und helfen mit bei den Vorbereitungen für den Bau eines neuen Schulgebäudes. Mit jungen Maasajmännern arbeiten wir in einem kleinen Steinbruch und säubern ein Feld von Graswurzeln, damit es später als Spielfläche genutzt werden kann. Auch dürfen wir einige Massai-Familien besuchen, die uns in ihre Lehmhütten einladen. Wir sitzen in diesen kleinen Häuschen auf den Betten, also auf Weidengeflechten, im Dunkeln, nur ein winziges Fensterchen lässt Licht hinein. Überwältigt von dieser Gastfreundschaft, sind die ganzen Fragen, die uns zuvor beschäftigten, plötzlich verschwunden. Bei einer anderen Familie sitzt die Großmutter draußen, sortiert Bohnen und hört Radio. Diese Eindrücke keiner von uns erwartet!
Der Abschluss dieser Woche bei den Maasaj war auch ihr Höhepunkt: gekleidet in ihren prächtigen Stoffen und aufwändigem Schmuck feiern die Maasaj mit uns Gottesdienst in der kleinen Missionskapelle des Zentrums. Von ihren Gesängen und Rhythmen bekommt man sofort eine Gänsehaut und schon nach wenigen Augenblicken kann sich keiner mehr auf den Stühlen halten und muss einfach mittanzen. Die gute Laune der dieser Menschen lässt uns den ganzen Abend nicht mehr los. Sie schlachten für uns eine Ziege und bereiten sie für uns zu. Noch lange sitzen wir am Lagerfeuer und singen Lieder aus unseren verschiedenen Heimatländern.
Die Fahrt zurück nach Nairobi bringt uns zurück in die Hektik und den Lärm der Moderne. Dort angekommen folgen die heftigsten Tage unseres Abenteuers. Wir besuchen die „Ärzte für die Dritte Welt“ („German Doctors“), die mit sechs ehrenamtlichen Ärzten aus Deutschland und knapp hundert Angestellten ein „Medical Centre“ unterhalten, mitten in einem Slum, wo an die 800.000 Menschen dicht gedrängt in Wellblechhütten hausen. Das Wartezimmer platzt aus allen Nähten, es ist heiß und riecht beißend nach allem Möglichen. Ein deutscher Arzt zeigt uns ein Foto von einem kleinen Mädchen, das er gerade behandelt hat. Sie wiegt mit sieben Jahren gerade einmal sieben Kilo und hat keine Überlebenschancen. Das ist zu viel für uns. Keiner bekommt mehr ein Wort heraus, alle sind geschockt und kämpfen mit dem Tränen. Als wir uns am Nachmittag wieder etwas gefangen haben, besuchen wir ein anderes Projekt, ein „Rescue-Centre“ in einem anderen Slum. Hier leben 16 Kinder, deren Eltern umgekommen sind, betreut von Freiwilligen aus verschiedenen Ländern. Auch eine Altschülerin von St. Blasien ist hier. Die Kleinen singen und tanzen für uns, weil sie sich so über unseren Besuch freuen. Und als wir wenig später mit ihnen spielen und durch den Hof toben hebt sich unsere Stimmung wieder. Es ist erstaunlich, wie Menschen und vor allem die Kinder unter solchen extremen Verhältnissen so fröhlich und ausgelassen sein können – und sei es auch nur für ein paar Stunden am Tag. Einen Tag später verabschieden wir uns von Nairobi und all den Menschen, die uns dort begegnet sind. Nach 15 Tagen Kenia-Erlebnis geht es zurück nach Good Old Germany.
Was war nun MAGIS in AFRICA? Es ist in den zwei Wochen so viel passiert, dass ich natürlich nur einen Bruchteil aufschreiben konnte. Besonders wichtig war wohl, dass wir bei allem immer auch Gelegenheit bekamen, still zu werden und nachzudenken. Ob das in den Gottesdiensten geschah, in Kleingruppen (im so genannten „Magis-Circle“) oder auch alleine an einem ruhigen Ort – dafür wurde immer Zeit reserviert. Es war dadurch tatsächlich eine Pilgerreise, eine Reise nach innen. Aber auch das Motto “Dancing with God in an African Pot“ hat sich bewahrheitet: Unsere Gedanken und Gefühle und schließlich auch wir selbst haben bei vielen Ereignissen wirklich getanzt. Manchmal waren es ruhige, zurückhaltende Tänze, ein anderes Mal ausgelassenes, fröhliches Herumwirbeln und wilde Massai-Tänze. Einmal haben wir sogar Wiener Walzer getanzt, aber das ist eine andere Geschichte.
Weitere Informationen unter www.ignatianisch.de